Das Wort zum Montag.

Berlin hat gewählt. Wowereit, etwas aufgequollen, hätte sich in Siegerpose vor die Seinen stellen können und hämisch grinsend vor den Rest der Welt. . Hat er nicht. Er sieht eher traurig aus. Was zu verstehen ist. Er muss jetzt mit den Grünen. Mit den Schwarzen darf er nicht, die anderen Roten haben sich als zu schlapp erwiesen und die mit der Augenbinde und dem Messer im Gürtel, die können noch nicht.

Wenn sich die Bürger getraut hätten, dann hätten sie… Aber wahrscheinlich haben sie nicht mal das Programm der Piraten gelesen, sowenig wie das der anderen angetretenen Parteien. Das Programm, wahrscheinlich etwas eilig zusammengeschrieben, hält jeder Biertischprüfung stand.

Aber Programme sind sowieso Schall und Rauch. Wenn sich die Parteien an ihre Programme halten würden, so würden wir im Schlaraffenland leben. Die Streitpunkte würden sich auf wenige Sachfragen reduzieren. Denn alle  wollen das Eine: Dem Bürger soll es gut gehen, alles zum Wohle des Bürgers, der Bürger stehet im Mittelpunkt.

Nur, sie halten sich nicht an die Programme. An die Wahlversprechen schon gar nicht. Und so kommen sie über sehr unterschiedliche Wege zum Endziel: Alles zum Wohl des Volkes.

Die einen meinen, das Büchsenpfand würde die Glückseligkeit des Bürgers herbeiführen und die atomfreie Innenstadt. Die anderen wollen zunächst das Wasser, den Strom, die Straßen, die Krankenhäuser und was der Bürger sonst noch so zum Leben braucht, in die fürsorgenden privaten Hände übergeben. Wenigstens der eine Teil des Volkes soll glücklich werden mit dem verdienten Geld. Der andere Teil würde dann schon folgen auf der  privaten Maut-Straße des Glücks.

Dann gibt es welche, die nicht mal ein großartiges Programm haben. Aber sie schwören auf Demokratie. Auch innerhalb der Partei. Die Demokratie innerhalb der Partei geht soweit, dass eigentlich jeder das Parteiprogramm unterschreiben kann, solange er nur glaubhaft versichert, alles für das Wohl der Menschen tun zu wollen. In der Statistik werden sie in dunkelroter Farbe geführt, aber es ist wohl eher gelb-grün-schwarz-rot oder vielleicht auch Schweinchen-Rosa.  Die Medien greifen jede Gelegenheit freudig auf. Das werden sie machen bis auch das letzte Sätzchen konsequenter Kapitalismuskritik aus dem Programm entfernt wird. Und dann lohnt es sich auch nicht mehr über diese Partei zu schreiben, denn dann hat sie sich längst aufgelöst.  Die dunkelgrünen sind ja bald roter als die dunkelroten. Sowas kann man nicht wählen. Nur hoffnungslose Optimisten wählen eine solche Partei.  Aber sie haben einen Denkzettel bekommen und sie bekommen eine Chance. Auf dem Erfurter Parteitag können sie Linie und Ordnung in ihre Tätigkeiten bringen.

Mit den Piraten ist das so eine Sache. Sie wollen Basisdemokratie. Böswillig kann man auch Biertischdemokratie dazu sagen. Aber es ist nicht das Schlechteste, was da an den Biertischen so von sich gegeben wird. Ich zitiere: „Die Merkel hat doch keinen Arsch in der Hose. Soll sie doch die Banker alle zum Mond schießen!“  Dieser Satz ignoriert die Tatsache, dass „die Merkel“ nicht Mittel und Möglichkeit hat, einige Bürger und Bürgerinnen des Landes auf den Mond zu schießen. Selbst das Mondprogramm der NASA ist ja eingestellt. Biertischdemokratie hat eben  immer einen Hang zum Utopischen. Trotzdem. Utopien braucht das Land. Immer noch besser als Dummheit.

Aber Piraten sind eben Piraten. Assoziationen zu denen am Horn von Afrika tauchen auf, und zu denen in „Fluch der Karibik“. Mord und Erpressung, Verrat und Raub, Geld und Macht, aber natürlich auch Liebe und Mut. Der Bürger (und bei Jonny Depp auch die Bürgerin)ist hin und hergerissen zwischen seinen Gefühlen. Das kann er nicht wählen. Den Gefühlen kann er sich nicht hingeben. Erst wenn er sich entschieden hat zwischen Geld und Liebe. Und soweit ist er noch nicht. Da werden „Die Piraten“ noch warten müssen. Bis dahin können sie ihr Programm erweitern. WLAN fürs ganze Volk ist ein guter Ansatz. An Obdachlose könnten Solar-Laptops ausgegeben werden.

Vielleicht darf ja Wowereit doch mit den Schwarzen.  Als Probe für die nächste Bundestagswahl. Da können sie schon mal den Berliner Mietspiegel anpassen und den Wasservertrag gegen die Angriffe der wenigen unzufriedenen Bürger verteidigen. Vielleicht lassen sie auch wieder einen cleveren Menschen an die Berliner Finanzen. Und bauen noch ein Spaßbäder.

Berlin hat gewählt.  Wer Änderungen befürchtet, kann beruhigt werden. Eine Revolution hat nicht stattgefunden.

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