In zahlreichen Untersuchungen in Presse und anderen Medien wurde versucht die Gesinnung und den Plan der Piratenpartei und ihrer Mitglieder zu ergründen. Bezugnehmend auf die Bundes- und Länderprogramme der Partei neuen Types haben die interviewten und zitierten Mitglieder jeder seine eigene Interpretation. Von Sozialismusphantasien bis zum FDP-Ersatz war alles zu erfahren. Das ist Rattenfängerei pur.

 Wollen wir den Sozialismus?  Dazu kann ich nur eindeutig sagen: Vielleicht. Denn ersteinmal muss geklärt werden, was das sein soll. Seit dem Tag an dem das Wort Kommunismus umgeht, wird das Wort ebenso bekämpft, wie sein eventueller Inhalt. Das Plakat mit dem bluttriefenden Messer im Mund eines Rotarmisten, dieses Plakat aus der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte, das spukt immer noch in vielen Köpfen herum und fragt man den Kassenwart der LINKEn von der Parteizelle Hintertuttelnau, ob er mal den Sozialismus erklären kann, so wird er stammelnd in der Gegend rumstehen. Aber Stalin findet er schlecht und Honecker, na, der war ja auch nicht ganz sauber. Ansonsten will er auch nicht, dass die lieben Kleinen in Häftlingskleidung jeden Morgen aufgereiht auf ihren Töpfchen sitzend, zum gemeinsamen Abprotzen gezwungen werden.

Wir wissen was wir nicht wollen: Den wirtschaftsregierte Demokratie, denn die funktioniert zwar, aber auf Kosten des „Kleinen Mannes“. Wir wissen sogar was wir wollen: Freiheit, Gerechtigkeit und Wohlstand für alle! Nur wie wir dahin kommen, das wissen wir nicht.

Die Wirtschaftselite kennt den Weg für sich: Beschwindele deine Angestellten(Schlecker), nimm ihnen möglichst viel von der Arbeitsleistung und stecke es in deine Tasche. So kommt der Wohlstand. Mit dem Wohlstand kommt die Freiheit ganz alleine und die Gerechtigkeit kann einem dann scheißegal sein.

Die Politikelite weiß auch wie es geht: Lass dich wählen in dem  du das Blaue vom Himmel herunter versprichst. Bleibe gewählt, indem du  immer wieder Versprechen machst und die Schuld für die Nichterfüllung allen anderen und den Umständen zuschiebst. Sichere in dieser Zeit dein Leben nach der Politik ab, indem du die Gesetze entsprechend änderst und der Wirtschaft ein wenig zuarbeitest. Sie wird es dir jetzt und nachher danken. So kommst du zu Wohlstand, damit bekommst du Freiheit, na und die Gerechtigkeit die kann dir…..

Wenn diese beiden Gruppen, sagen wir mal, abgeschafft werden, das wäre die Revolution, und die wollen wir ja nicht, dann wäre alles sehr schön. Aber der ganze Rummel geht hinterher wieder von vorne los. Irgendwer muss wieder Politik machen und irgendwie braucht man ja auch für die Wirtschaftführung. (Wir kennen das: Die liebe Ehefrau legt immer fest was es Sonntags zum Mittag gibt, aber wenn sie mal  `ne Woche nicht da ist, dann ist der Kühlschrank ganzundgar leer.)

Freiheit mit Gerechtigkeit zusammen scheint nicht zu funktionieren. Gerechtigkeit mit Wohlstand geht wohl auch nicht, sonst wären die blöden Ostler nicht so leicht auf die Bananenrepublik hereingefallen. So viel Begeisterung bei der Abschaffung der Gerechtigkeit muss damit zu tun haben, dass die beiden anderen Dinge nicht stimmten.

 Die Piraten wissen wie es geht. In der postidiologischen Phase(das Wort ist keine Erfindung der Piraten und bedeutet, dass es keinen Klassenkampf mehr gibt) können alle frei sein, wenn das Internet frei ist und alle alles downloaden können. Und Erfindungen sollen zwar dem Erfinder wirtschaftlich zugute kommen, aber jeder darf sie privat nutzen und weiterverändern. Und dann kommt auch jeder zu Wohlstand, die Downloader und die Erfinder.

Und, alle können, Dank dem Internet, an der Demokratie teilnehmen. Jeder kann sich zu jedem Thema äußern (macht das nicht sowieso schon jeder – am Biertisch oder bei Illner?). Jeder hat eine Stimme und die Stimme wird im Parlament gehört. Am liebsten wäre ihnen die technische Verarbeitung aller Meinungsäußerungen (Google und der Verfassungsschutz forschen schon hart im Auftrag der Demokratie), dann wäre die Entscheidungsfindung eine rein technische Angelegenheit und die Demokratie würde sich ganz von selbst einstellen. Freiheit geht ja immer nur soweit, wie sie nicht die Freiheit eines anderen wesentlich und vermeidbar beeinträchtigt. Eine einfache Aufgabenstellung, die sich in einen mathematischen Algorithmus fassen lässt.

Zu allen Fragen des Lebens würde es praktisch eine gesammelte Meinung des gesamten Volkes geben. Wir brauchten nicht mal mehr Gerichte. Wenn der Apfelbaum zu dicht an des Nachbarn Zaun gewachsen ist: alle könnten entscheiden wer die Äpfel bekommt. Wenn im ARD wieder mal die 25igste Wiederholung von Polizeiruf 110 läuft, alle könnten entscheiden, ob der Intendant nun endlich gefeuert wird oder für die Zeit Werbung für die Finanzierung neuer Folgen eingeblendet wird.

Schade nur, dass sich diese Art der Demokratie einfach abschalten lässt. Das Internet ist ein Ding. Ein Ding aus Kabeln, Funktürmen, Servern, anderen technischen Gerätschaften und ein wenig Software. Dieses Ding wird betrieben von privatwirtschaftlich geführten Unternehmen. Wenn es also um die Ausbringung von Probebohrung zur CO2 Verpressung unter Berlin geht, dann könnte ganz zufällig die Server-Verbindungen in diesem Bereich gestört sein. Das geht nicht? Den Chinesen wird genau das aber zugetraut und vorgeworfen. In der demokratischen Gesellschaft wäre das natürlich nicht politisch motiviert. Hier entscheidet einfach wer am besten dafür bezahlt.

Auch die Piraten werden um die Eigentumsfrage nicht herum kommen: Wem gehört das Internet? Sie beantworten sie im Augenblick großzügig: Allen! – Aber, das würde eben nur stimmen, wenn die Leitungen und der Strom und der ganze technische Schnickschnack bis hin zum Bundestrojaner auch Allen! gehört und von Allen! kontrolliert wird.

Und das kann noch dauern. So ganz ohne Plan.

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