Begrenzte Sicht

Sehschlitz. Wie ein Panzer. Wo ist der Unterschied. Die ganzkörperverhüllten Frauen suchen sich den Weg und beobachten den Gegner durch den Sehschlitz. Die Absichten sind nicht erkennbar. Ob sie nun gleich den Splint aus der Handgranatensicherung ziehen oder eine Kalaschnikow unter dem weiten Umhang hervorholen und auf die friedlich einkaufsbummelden deutschen Passanten richten wird – oder ob sie sich nur einen Bikini im Schaufenster anschaut, ist nicht erkennbar.

Da sind die Richtschützen im englischen Panzer in der irakischen Stadt Basra ehrlicher. Sie haben den gleichen Blick durch den Sehschlitz. Und es ist ganz klar, sie haben den Finger am Abzug und im Rohr ist schon die Sprenggranate. Das ist Ehrlichkeit und Wahrheit und das wollen wir. Das ist der Unterschied. Wir sind gegen die Hinterhältigkeit und deshalb sind wir gegen verschleierte Frauen!

Ich habe durchgezählt. Die Sehschlitz tragenden, (vielleicht aufmunitionierten) Frauen sind auf Berliner Straßen weniger präsent, als die gepanzerten Fahrzeuge mit Sehschlitzen auf den Straßen Basras. Aber selbst gegenüber den in Berlin aktiven Sehschlitzfahrern in den grünen Polizeifahrzeugen sind die uns durch den Sehschlitz ausspähende Frauen zahlenmäßig im Nachteil. Allerdings treten die Vermummten mit der Aufschrift „Polizei“ nur in Gefahrensituationen auf. Etwa wenn Fussballfreunde aus einer befreundeten Gemeinde zu Gast sind. Oder Staatsgäste aus autoritär regierten Staaten zu Freundschaftsbesuch und Erfahrungsaustausch eingeladen sind.

Die vermummten Frauen aber sind immer präsent. Das bedeutet doch: Da ist immer Gefahr!

Die christlich demokratische Ordnung ist gefährlich gefährdet.

Ich bin nun nicht der Mensch, der sich zwischen verhüllten Frauenkörpern oder vor Augen hinter Sehschlitzen wohlfühlen könnte. Zumal ich ja nicht mal weiß, ob das Augen von Frauen da hinter dem Fliegengitter sind. Wenn ich durch Salzgitter oder den Berliner Kietz laufe, beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Wenn ich mich durch eine Gruppe arabisch oder türkisch oder was weis ich in was für einer Sprache schwätzende und gestikulierende dunkelhäutiger Leute drängen muss, die keine Notiz von mir nehmen, nehme ich mich in acht. Über den Nacken läuft eine Gänsehaut.

Noch schlimmer wird es wenn ich mich an der Hausecke an zwei tiefschwarzen Menschen vorbeidrängen muss, von denen jeder ein Fahrrad mit sich führt. Insgeheim denke ich: Wo haben sie die geklaut?“ und schelte mich natürlich sofort: „Wer sagt dir denn, dass genau die klauen, die Rumänen klauen immer, nachgewiesenermaßen , aber die hier?“

Unsere Demokratie ist ja per Grundgesetz und Gesetz säkular, also Gottlos. Zwar schwört der Bundespräsident auf die Bibel, wenn er sein Amt antritt, aber es darf jeder seinen Glauben ausüben, nachgehen, von seinem Gott träumen, oder wie auch immer. Das kann Jesus sein, Mohamed, Helene Fischer, Calvin Klein oder Pokémon. Alles ist erlaubt. Auch das Tragen von zerrissenen Hosen, Turnschuhen in der Öffentlichkeit und das Herumlaufen ohne Hut, ist erlaubt.

Es darf auch jeder seine Hautfarbe per Gesetz öffentlich tragen. Man gewöhnt sich dran. Es ist ja jedem erlaubt einen großen Bogen um Andersfarbige zu machen. Auch das ist per Gesetzt erlaubt (jedenfalls ist es nicht verboten). Auch von verschleierten Frauen darf jeder Abstand halten, gerade wie er es für nötig hält. Wenn sie gleichzeitig mit Dir in die U-Bahn einsteigen, ertrage es. Denk nur wie viel schlechter die Iraker, Syrer, Türken und Saudis dran sind. Aber auch dahin werden wir unsere christlich demokratische Werteordnung noch tragen. Und schlussendlich werden sie die Richtigkeit einsehen! Diese…..

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2 Kommentare

  1. Bissig! Ernst? Ironisch? Sarkastisch?
    Den Text einzuordnen bleibt schwer.
    Das gelesene zu analysieren und seine eigenen Schlüsse und Gedanken zu erörtern bleibt (wie immer) erforderlich.

  2. Nun, ist wohl bissig, ernst, sehr ernst, ironisch und sarkastisch.
    Schön, wenn sich jemand die Mühe macht, mal darüber nachzudenken. Nicht der Text, das ist nur Text. Texte verändern die Welt nicht.
    Texte haben nicht mal den Anspruch, die Welt zu verändern. Aber eine Unterhaltung eröffnen, auch wenn es nur ein lauter Monolog vor dem geöffneten Fenster oder der innerer Monolog des Lesenden ist, das ist es doch, was der Text beanspruchen sollte.
    Und irgendwie scheint der Text das zu tun. Da ist der Schreibende zufrieden.

    Julius Turm

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