2013, warum sich nichts ändert:

Die 55 Euro-Cent für die Briefversendung sind jetzt zu wenig. Für übriggebliebene Marken können Zusatzmarken von 3 Euro-Cent je Stück erworben werden. Die Erhöhung des Briefportos ist eine der Änderungen für dieses schöne Jahr 2013. Aber die wesentlichen Dinge werden sich nicht ändern. Nicht in Deutschland. Auch mit den anstehenden Bundestagswahlen ist eine andere Politik nicht zu erhoffen. Alle Wahlreden – nur Getöse. Luft. Jedes Versprechen wird sich bestenfalls in Rauch auflösen. Die permanente Krise wird uns erhalten bleiben, genau so wie das Reden darüber.

Alle Welt, jeder, ob Stammtisch oder Wirtschaftsexperte, ob Opposition oder regierend, alle sind sich einig: Wir sind in einer Krise. Einige sprechen von einer Systemkrise, andere von schlechten Zeiten. (Aber, haben wir die nicht immer?) Und alle haben Rezepte für eine Änderung, für eine Verbesserung, die sie sich erhoffen. Die Vorschläge gehen von den altbekannten Maßnahmen, die auch in der Vergangenheit immer wieder nur zu einer neuen Krise, über kurz oder lang, geführt haben, bis zur radikalen Änderung der Besitzverhältnisse.

Auch richtig durchdachte , vernünftig aussehende und vielleicht funktionierende Vorschläge sind darunter. Und die Anzahl der durchdachten Zukunftsvorschläge nimmt sogar zu. Die Fraktion, die mehr oder weniger radikale Vorschläge zur Umgestaltung der Gesellschaft einbringt, wird größer und die Anzahl der Menschen, die eine bessere, sozialere, gerechtere Welt fordern, erhöht sich.

Und es gibt immer mehr Menschen, die die Umgestaltung auch dringend brauchen.

Trotzdem wird sich in naher Zukunft nichts ändern. Der Zustand bleibt uns erhalten. Wenn eine Änderung, dann ist eher eine Verschlechterung zu erwarten – Siehe 3 Euro-Cent-Zusatzmarken.

Warum ändert sich nichts?

(Die Besitzstandswahrung. ) Diese Gesellschaft wird vom Mittelstand getragen und von den Besitzenden geführt. Ausführende sind die Politiker aller Couleur. Das sind die Politikdarsteller, sind die Politiktreibenden. Diese Kaste der Politiker rekrutiert ihre Mitglieder aus dem Mittelstand. Das ist aus der Masse gefischter Abschaum, der dazu taugt die Interessen der Besitzenden durchzusetzen. Es sind die, die karrierebewusst, aber sonst untauglich zu kreativen Ergüssen zum Wohle der Menschheit sind, Leute die sich hochgestrampelt haben. Personen, die durch die Instanzen der Parteien und ihrer Klüngelpartys  gelaufen sind, die über Jahre vollgepumpt wurden mit dem ganzen Aberwitz und die ausgefiltert und für gut befunden wurden, den Eingebungen ihrer Gönner zu folgen; die, die in der Lage sind einerseits viele Sprechblasen erzeugen und auf der anderen Seite für ihr eigenes Wohlergehen und das Wohlergehen ihrer Sponsoren zu sorgen.

 Viel mehr haben sie nicht zu tun. Sicher gehören einige besondere Charaktereigenschaften dazu, diese speziellen Posten auszufüllen.

Diese Ablesen von den Lippen, zum Beispiel. Nicht nur bei den Lobbyisten, sondern viel zu oft auch von den Chefs (der Konzerne, Banken und Stiftungen) selbst. Aber das haben sie lange genug geübt. Sie pflegen ja den Umgang jahrelang. Und die Umsetzung der Wünsche ihrer Sponsoren, als wenn es ihre eigenen Ideen wären. Dazu gehört ein gewisser Charakter.

Der Mittelstand spielt mit. Solange sich für den Mittelstand keine Gefährdung ihres Besitzstandes ergibt, solange sie aus der Wahl der etablierten Partei erhoffen können, dass ihre Pfründe erhalten bleiben oder mindestens nicht allzu sehr geschröpft werden, solange gehen sie zur Wahlurne und machen ihr Kreuzchen auf den Karten der Parteien. Es muss sich ja nichts ändern. Es muss nur so bleiben wie es ist.

Nach dem Kreuzchenmachen ist es mittlerweile ziemlich uninteressant, wer da ans Ruder kommt. Ist der Wähler ein wenig aufmüpfig, hat er noch die Illusion der Achtundsechziger, kann er Grünen auf seinen Wahlzettel schreiben; ist er mehr konservativ, meint er dass die Werte gewahrt werden müssen, dass der Papst der sauberste aller auf Erden Wandelnden ist, dann nimmt er sich eine Partei mit dem „C“ im Kürzel. Ist er aber sozial eingestellt, zählt sich mehr zur arbeitenden Bevölkerung und engagiert sich gelegentlich im Arbeitskampf oder liebt die sozial Schwachen, dann geht er zu den Sozis. Aber, es kommt fast immer auf das gleiche raus. Das Abschöpfen der Armen mit „Hartz4“ haben die Sozis in die Bahn gebracht, die „Bankenrettung“, in der wir alle die Steuern stecken und die kaputten Straßen genießen, ist ein Christliches-Liberales Projekt. Die „Linken“ haben soziale Wohnungsgenossenschaften verkauft, Wo ist da noch ein Unterschied?

 Solange sich der mittelständische Bürger nicht verraten fühlt, wird er eine der Partei wählen.

Erst wenn sich Unfähigkeit und Frechheit zu offensichtlich wird und von so einer Führungsspitze nicht viel mehr als Dummheit zu erwarten ist, so wie derzeit bei der FDP, da machen sie dann doch nicht mehr  mit.

 (Die Basis)

Der Mittelstand, das ist eine sehr breite Plattform. Die breiteste, die man bekommen kann. Und auf dieser breiten Plattform steht bzw. ruht unsere Gesellschaft sehr sicher. Breit deshalb, weil sich fast jeder hierzulande zum Mittelstand, der Mittelschicht zugehörig fühlt. Die Aldi-Brüder sind(waren) mittelständische Unternehmer. Aber auch der Arbeiter, der täglich seinen Platz am Band einnimmt, fühlt sich zur privilegierten Mittelschicht gehörend. Mittelschicht, das ist auch  die Angestellte im Finanzamt, die zwar einen Amtssumpf vor sich hat, aber durch ihre   gewissenhafte Arbeit die Ordnung im Staat waren will, Mittelstand, das ist der Selbstständige, der Zahnarzt, der Unternehmer mit zwei laufenden LKWs auf den  Straßen, der Unternehmer mit der kleinen Maschinenfabrik und der Finanzmakler, auch das Vorstandsmittglied und der Gewerkschaftsvertreter, alle sind Mittelstand und zählen sich zur Mittelschicht. Alle, die mit der liberalen Politik und der Demokratie in diesem Politikkonstrukt zurechtkommen, denen es also halbwegs gut geht und die etwas verlieren würden, sollte sich das Chaos einer ungewissen Zukunft, einer Diktatur oder eines kommunistischen am Horizont zeigen.

Da nimmt man in Kauf, dass man belogen wird von jedem, von der Politik, vom Kfz-Meister, der gerade das Auto repariert hat, von der Nahrungsmittelindustrie, von der anderen, die Strom und Benzinpreise nach Belieben noch oben ändern, von jedem. Da nimmt man in Kauf, dass Umwelt zerstört wird und das Kinderkriegen und Großziehen immer schwieriger wird. Da macht man die Augen, bevor man allzu genau hinter die vielen Werbenachrichten auf den Titelseiten schaut.

Die Staatsmedien und die privatgetrieben geben für jede Lüge eine Erklärung und setzen noch eine oben drauf.

Bis zu einer Grenze. Die darf nicht oder nur vorsichtig überschritten werden. Dann wird protestiert. Aber auch nur das. Wenn die Medien genügend Sprechblasen der Politiker vermittelt haben, dann beruhigt sich das Ganze auch wieder. Einführung „Hartz4“ – ein Aufschrei, ein kleiner, denn es geht die Mittelschicht nichts an. Erhöhung der Mehrwertsteuer im Hotelwesen – ein Aufschrei, ein kleiner, denn es geht nur die Hotelbranche was an. Einführung der Praxisgebühren – ein Aufschrei, der sich aber wieder beruhigt. Das Wollen der Bevölkerung wird massiv ignoriert. Siebzig  Prozent der Wahlbevölkerung lehnt den Auslandseinsatz in Afghanistan ab. Trotzdem lassen sie sich es gefallen, dass die Politiker gegen ihren Willen handeln.

 Bis zu einem gewissen Level häufen sich die Unzufriedenheiten an, die sich dann entladen. Da gehen biedere Menschen, wie bei Stuttgart 21, auf die Straße, lassen ein wenig Luft ab und dann geht es wieder. Sie wissen zwar nicht so genau, wogegen sie protestiert haben, sie wissen aber genau, dass es nichts nützt. Trotzdem fühlt es sich gut an.

 Das Ende des sozialistischen Weltsystems ist nicht der Untergang der Welt. Die ökonomischen Schwächen haben es untergehen lassen. Aber, weniger das, als etwas ganz anderes:

Die Emanzipation der Bevölkerung war soweit gediehen, dass sie mehr Demokratie einforderte. Die ökonomische Emanzipation der Mittelschicht, nämlich das totale Fehlen von Existenzängsten und da besonders die Ängste, den Job zu verlieren, die Angst vor Altersarmut, die Angst vor Krieg und anderen Katastrophen, haben den Blick verschleiert auf die reale Welt „da draußen“.

Das Vergessen letztendlich der rauen Wirklichkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems, das immer zur Ausplünderung der Menschen führt, das immer zum Krieg führt, – dieses Vergessen und die Ignoranz hat die Bevölkerung in den sozialistischen Ländern reif gemacht für das, was von den Ostdeutschen als „Wende“ bezeichnet wird.

Und die Mittelschicht; und das waren im Prinzip alle, sahen ihre Besitzstände weiter bewahrt und beschützt durch die liberale, demokratische kapitalistische Wirtschafts- und Staatsordnung und -führung.

Sie fühlten ihre Besitzstände, die Arbeit, den materiellen und sozialen Wohlstand, der sie umgab, keineswegs durch den Wechsel des Gesellschaftssystems bedroht. So aus der Ferne und so aus der mangelnder Erinnerung an frühere kapitalistische Zeiten, sah der Westen ja auch so golden aus.

Dass viele ihren Platz im Mittelstand verloren und das noch viel mehr ihren Platz verlieren würden, sobald sie das Rentenalter erreichen, das war von ihnen  nicht abzusehen oder wurde ignoriert. Wer tauscht denn, wenn er bei klarem Verstand ist, seine materielle und soziale Sicherheit gegen Bananen ein?

So wurde die „Wende“ mit getrieben oder zumindstens toleriert, wenn vielleicht auch mit der Ahnung und einem leichten Grollen im Bauch.

 Eigentlich müssten diese Zeiten, diese „Krisen“-Zeiten die Sternstunde der „Linken“ Sein. Aber weit daneben, die Occupy-Bewegung und mit ihr alle anderen alternativ und mit linken Ideen behafteten Bewegungen, sind eher Biss- und Zahnlos. Die Gewerkschaften, man weiß gar nicht was die überhaupt machen. Erwarten könnte man eine breite Bewegung zur Lohnsteigerungen mit Streiks und allem Drum-und-dran. Einführung Mindestlohn, Eindämmung des Niedriglohnsektors. Nichts. Alles nur Luft. Sesselchen. Besitzstandswahrer.

Und „Die Linke“ selbst, die Partei, die sich jetzt mit ihren Fahnen und Plakaten nach vorne stellen und die einzige Lösung anbieten müsste, die zerfleischt sich selber, aber ansonsten ist nicht viel von ihr zu merken. Sie mag beklagen, dass sie in den Medien zu wenig Gehör findet, aber es gibt inzwischen das Internet, sie hat, dank Regierungsbeteiligung, Geld für eigene Medien und sie kann nach wie vor mit neuen Ideen auf die Straße gehen. Ein kleiner Funke genügt, die vielen Unzufriedenen zu motivieren, auf die Straße zu gehen. Aber der Funke will nicht geschlagen werden von der Linken. Sie betreiben Nabelschau und kämpfen um Pöstchen. Sie sind Besitzstandswahrer.

 Das Proletariat hat seine Revolution gehabt. Es hat im ersten sozialistischen Land über 70 Jahre lang die Macht behalten, ehe es wieder von der alten Ordnung und den Kapitalisten abgelöst wurde. Immerhin. Aber die proletarischen Revolutionäre sind nicht weiter gekommen. Sie haben die Verteilung der Reichtümer der Erde und der Arbeit etwas gleichmäßiger gestaltet, ziemlich gleichmäßig sogar, fast gerecht. Und sie haben unter ihrer Führung fast allen Mitgliedern der Gesellschaft eine Chance zum menschenwürdigen Leben gegeben. Ab da war es nur noch Besitzstandswahrung. Nicht nur für die  Führungskaste. Das war’s dann. Stillstand. Besitzstandswahrung.

Einer lange bekannten Tatsache ist, dass ein innerlich stabiles System (z.B. die Gesellschaft) aus Komponenten (hier dann die Menschen und ihr Platz in dieser) auch stabil bleibt, auch gegen Angriffe von außen. Für ein System ist es auch kein Problem, wenn sich bis zu fünf Prozent seiner Komponenten außerhalb der Norm bewegen. Das System bleibt auch halbwegs stabil bis zu einer fünfzehnprozentigen Abweichung. Darüber hinaus aber, also wenn sich mehr als fünfzehn Prozent der Komponenten des Systems abnormal verhalten, so wird das System mit Sicherheit von Innen heraus zerstört.

Der Armutsbericht der Bundesregierung, der im allgemeinen Trubel des Jahreswechsel unterging, sagt aus: Mehr als 15 % der Bevölkerung gelten als arm oder armutsgefährdet.

Die nächste Revolution muss das Prekariat machen, die (vollkommen) Besitzlosen, die Ausgestoßen, der Rand der Gesellschaft, die jetzt von den hingeworfenen Krümeln des Überflusses leben. Sie sind keine besitzstandswahrer. Das können sie gar nicht sein. Denn sie haben ja nichts. Obwohl, auch ein weniger windiger Platz unter der Brücke muss man verteidigen.

Alles bleibt, wie es ist. Bewegung ist nicht zu erkennen. Wahlkampf, das ist nur fernes getöse. Vielleicht gehen wir hin, vielleicht auch nicht. Sinn macht es nicht. So ist das bei uns. So ist das in Europa.

Aber, Europa ist nicht mehr der Mittelpunkt der Welt. Schon lange nicht mehr.

Der hat sich vor 60 Jahren auf den Nordamerikanischen Kontinent verschoben und bewegt sich jetzt weiter über den Pazifik nach Asien. In wenigen Jahren werden sich die Chinesen über die eigenartige Auffassung der Europäer über Leben, Gesellschaft und Politik nicht mal mehr wundern. Ein wenig überheblich waren die Europäer schon immer. Die Chinesen auch.

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