„Kinderfrauen zuerst!“

Aus der bekannten Aufforderung bei Katastrophen, ob auf dem Schiff oder im Fußballstadion, „Kinder und Frauen zuerst!“ macht mein intelligentes Autokorrektursystem: „Kinderfrauen zuerst!“.

Mein gutes Rechtschreibkorrekturprogramm, eingebettet in das Schreibprogramm, weigert sich deutsche Wörter als solche zu erkennen und will sie in englische Begriffe übersetzen.

Soweit zur Intelligenz der Maschinen. Und auch die Meinung der künstlichen Intelligenz zum Erhalt der Menschheit  ist verstanden. Ich jedenfalls habe das verstanden. Wenn die Maschinen, die intelligenten Maschinen, herrschen würden, dann würden diese die Kinderfrauen retten. Das könnte die größte Garantie zum Erhalt der Menschheit sein. Oder wollen die intelligenten Maschinen das gar nicht? Wollen sie selbst an die Macht und würden mit der Rettung der Kinderfrauen den Untergang der Menschheit beschleunigen wollen?

In der vergangenen Woche war der „Tag der Muttersprache“. Noch einmal deutlich deutsch: Es war nicht der „Tag der deutschen Sprache“, auch nicht Muttertag oder Tag der deutschen Mutter, sondern schlicht: „Tag der Muttersprache“.

Wir, die deutschsprechenden Europäer begehen den Tag der Muttersprache und alle Menschen auf diesem, unserem, Globus können den Tag ebenfalls feierlich begehen. Allerdings kann jeder seine, seine höchsteigene, Muttersprache an diesem Tag ehren. Die Kirgisen ehren die kirgisische Sprache, einige Südafrikaner ehren die Sprache „Afrikaans“, andere die Sprache „isoZulu“, die Bayern ehren das Bayrische und die Koreaner das Koreanische.

Wie ehrt man eine Sprache? Na, ganz einfach, in dem sie von den Muttersprachlern gesprochen wird! Auch kann in ihr gesungen werden und Gedichte geschrieben und Liebende flüstern sich in die Ohren: „Ick lev der.“ oder auch „te amo“. Und jede Sprache hat ihre Geschichten, die in Bücher geschrieben werden können.

Und warum soll die Muttersprache geehrt werden?  Die UNESCO sieht die Sprache als Zeichen der kulturellen Identität. Und es ist so. Die Sprache ist ein Quell unserer Kultur. Ohne Sprache ist menschliches Leben nicht denkbar.  Und weitergedacht: Die gemeinsame Sprache ist die Grundlage für eine gemeinsame Kultur einer Volksgruppe.

Alle (deutschsprachigen)Texte vermeiden diese Feststellung: Die Sprache ist das Zeichen der kulturellen Identität eines Volkes. Und doch ist es so. Den indigenen Völkern im Amazonasgebiet gesteht man die Unterscheidung in „Völker“ auf Grund des Sprechens einer gemeinsamen Sprache zu, in Europa vermeidet man von „Völkern“ zu sprechen.

Dabei würde uns ein wenig Patriotismus ganz gut tun. Vor allem den Deutschen. Da sind die Bayern und die anderen deutschsprechenden Volksgruppen, aber da sind auch Dänen und Sorben und auch die Friesen, die eigene Sprachen beanspruchen können. Ebenso wird den in Deutschland lebenden Sinti und Roma eigene Kultur und eigen Sprache zugeordnet (nicht verordnet!) Das deutsche „Romanes“ ist eine anerkannte Minderheitensprache.

Die verschiedenen Völker in Deutschland pflegen ihre Kultur und ihre Sprache. Aber auch ein anderer Geist geht durch Deutschland. Und dieser Geist ist gefährlich für die Sprache und Kultur der deutschen Völker. (Er ist auch für andere Völker, zum Beispiel die Polen oder Litauer gefährlich, aber das ist deren Sache.) Es ist das Überborden der internationalen Verkehrssprache „Englisch“.

In deutschen Medien gibt es viel englischsprachige Musik, zu viel, um die eigene Musik und Kultur voranzubringen, zu stärken und zu entwickeln. Unterhaltungsformate lehnen sich an Formate im amerikanischen Fernsehen an, in den eigentlich deutschsprachigen Hochschulen werden Vorlesungen vermehrt in englischer Sprache gegeben. Wissenschaftliche Arbeiten in deutschen Forschungseinrichtungen werden in englischer Sprache verfasst. In einigen Firmen in Deutschland, in denen die Mitarbeiter zu über 99 Prozent  die deutsche Sprache als Muttersprache haben, wird in Arbeitstreffen (Meetings) englisch gesprochen, Dokumentationen werden in englischer Sprache erstellt.

Warum das alles? Warum kann nicht eine wissenschaftliche Arbeit im deutschen Sprachraum zuallererst in deutscher Sprache verfasst werden, um vielleicht anschließend in Englische übersetzt zu werden. Warum werden Romane von deutschen Schriftstellern „amerikanisiert“, um dann in Deutschland unter amerikanisch klingendem Pseudonym verkauft zu werden? Warum werden deutsche Muttersprachler gezwungen, bei der Arbeit in einer fremden Sprache zu denken?

Da ist doch ein wenig Patriotismus angebracht, oder? Wollen wir uns total verleugnen? Wollen wir unsere Kultur, den Goethe, Strittmatter, Bach, Händel und „Die toten Hosen“ kaputtmachen lassen? Auch Einstein und sein Kollege Mauer schrieben in detscher Sprache. Warum singen alle „Merry Christmas“  und „Happy birthday“, wenn es dafür eine muttersprachliche, eine deutsche Entsprechung vorhanden ist?

Ich will hier nicht „Deutsche Sprache über alles, über alles in der Welt“! Jedes Volk mag für sich seine Kultur fördern und seine Muttersprache pflegen. Und jede Muttersprache ist gleich viel wert, erhalten zu werden. Aber ich habe den Eindruck, dass dieses deutsche Volk sich seine Sprache und seine Kultur demontieren lässt von Politikern, Besserwissern, amerikanisch vorgebildeten Führungskräften aller Art, und …. anderen, die entweder jede Selbstachtung verloren haben oder zu dumm sind, die Manipulation zu bemerken.

Wenn jetzt auch noch die Maschinen nicht mehr in deutscher Sprache reden wollen und diese verstümmeln, kein Wunder.

Ich wünsche mir jedenfalls wieder mehr Besinnung auf diese, meine deutsche Muttersprache und auf meine deutsche Kultur. Wenn ich meinen bengalischen Arbeitskollegen treffe werde ich versuchen mich mit ihm in einem Meeting in englischer Mundart zu unterhalten. Obwohl es für ihn auch mühselig ist, in dieser fremden Sprache zu denken.

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