Die Sozialdemokratie hatte mal Ideale. Sie wollte nie den Kommunismus. Dann hätten sie sich ja auch Kommunisten nennen müssen und dann hätte es keine Abspaltung gegeben. Wobei „Kommunismus“ ja in den meisten Ohren nichts als ein negativ belegtes Schlagwort ist. Der Deutsche hat immer noch vor seinem geistigen Auge dieses Plakat mit dem bluttriefendem Messer und dem grimmigen Ausdruck des Rotarmisten. Jedenfalls hat sich die Sozialdemokratie daran gehalten. „Die Sozialdemokratie war immer erfolgreich als Teil sozialer Bewegung“ (S. Gabriel) Und da hat er Recht, der Sigmar. – Sie „waren“. Heute sind sie nur noch eine Partei.

Kommunisten wollen die blutige Revolution, die Abschaffung des Eigentums und die Kollektivierung der Gedanken und der Nachttöpfe selbst für die Jüngsten. Da sind so eingeprägte Bilder in unseren Hirnen. Und die sind besser darin verankert, als die Bilder verstreut liegenden Leichen in einem Dorf irgendwo in Afghanistan nach einer Hochzeitsfeier. Dort wird gesagt: Das ist der Krieg, das ist Kollateralschaden. Da wird nicht gesagt: Das ist der Krieg, den die Sozialdemokratie mit verantwortet.

Was ist also die Sozialdemokratie? Heute in Deutschland ist es eine Partei. Es ist keine Gesinnung, denn niemand kann ja von Siegmar Gabriel behaupten, dass er eine Gesinnung hätte. Da sind vielleicht noch ein paar der Mitglieder, einige, die eine Gesinnung zu haben glauben. Sie sitzen in den Veranstaltungen und heben manchmal ihre Stimme. Manchmal nur um den Mitgliedsbeitrag einzufordern. Ihre politischen Ansichten allerdings sind, soweit vorhanden, weniger gefragt. Entscheidungen treffen „die da oben“. Das kennen wir doch. Das kennen wir aus Kaiserszeiten und noch früher, das kennen wir aus der Weimarer Republik, als die von Sozialdemokraten gegründeten Räterepubliken den Machenschaften von „denen da oben“ geopfert wurden; das kennen wir aus der Zeit des Nationalsozialismus, als das Volk nur das Volk war und mitlaufen durfte (und es auch tat). Die Sozialdemokraten mit Gesinnung sind schnell im Landwehrkanal oder in Buchenwald verschwunden.

Der Mensch ist darauf ausgerichtet seine engste Umgebung in seine Moral und Ethik mit einzubeziehen. Er fühlt mit Vater, Mutter, Kind und Enkel. Er trauert mit dem Nachbar um die Katze, die es wieder nicht über die Straße geschafft hat. Vielleicht engagiert er sich noch in seinem Stadtbezirk für die Anpflanzung oder Nicht-Rodung von Laubbäumen. Aber dann hört es auf. Alles andere ist außerhalb seines Dunstkreises. Er möchte gerne, aber es ist nicht so wichtig, dass er dafür wirklich Kraft aufwenden möchte. Vor allem aber sieht er keine wirklichen Erfolg, wenn er gegen den Krieg demonstriert. Dafür geht er ja wählen. Die von ihm gewählten sollen verhindern, dass der Krieg weitergeführt wird. Oder Waffen verkauft werden. Oder die „Freunde“ Krankenhäuser bombardieren. Ja, da gibt es schon mal eine Emotion im Fernsehsessel.

Jeder hat begriffen, dass eine Steigerung des Kohlendioxid-Ausstoßes das Weltklima wahrscheinlich unumkehrbar negativ beeinflusst. Jeder bedauert das in höchstem Maße. Jeder denkende Deutsche hat begriffen, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem sich negativ auf alle seine Lebensbereiche auswirkt. Auf das Gesundheitssystem, das nicht gesund macht, die Straßen, die kaum noch befahrbar sind, das gefriergetrocknete und von allen Vitaminen befreite Essen, der tägliche Stau, die Angst um den Arbeitsplatz, die zu geringe Rente, der Krieg mit Beteiligung Deutscher,….

Und jeder möchte das ändern.

Darum geht er wählen.

In der Hoffnung, dass die Gewählten das auch wollen. Die Christlichen wählen die Christen. Weil Christen gegen Sterben und Hunger und für die Ideale eines gewissen Jesus stehen. „Du sollst nicht töten, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht begehren….“ Die anderen wählen die Sozialdemokraten. Weil die auch Ideale haben. „Die Arbeit soll gut bezahlt werden. Die Firmen und Banken, die die Krise gemacht haben, sollen nun auch die Kosten bezahlen. Mehr umwelt-freundlichen Strom. Alle Menschen sollen gut versorgt sein. Eine gute Rente für alle.“(Quelle: Wahlprogramm der SPD 2013-17) Sie haben nicht mehr soviel Ideale, aber einige interessante sind geblieben.

Leider bleiben sie da wo sie sind: Auf dem Papier. Für den Bürger gibt es keinen Ausweg. Entweder: Augen zu und trotzdem die Partei der Wahl wählen, oder irgendwie dem ohnmächtigen Protest Ausdruck verleihen.

Hoffnung ist nicht, aber ändern muss sich etwas. Es wird sich etwas ändern. Alle sehen der Katastrophe mit offenen Augen entgegen. Ohnmächtig, paralysiert. Das Ende der Demokratie liegt hinter uns.

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