Kunst und Krempel. Gurlitt hat gewonnen

Wenn ein Bild an der Wand hängt und es sieht gut aus, und du gehst manchmal vorüber, es hängt im Sonnenlicht, das ins Treppenhaus fällt und denkst l, ja, ein schönes Bild. Das ist in Ordnung.

Oder, du gehst durch die Stadt, durch den Park, musst einen Bogen um die Skulptur schlagen und denkst so bei dir: „Schöne Rundungen, ….mein Gott!“,  dann steht die Skulptur an der richtigen Stelle.

Wenn der Künstler, in seinem Kämmerlein ein Werk erschafft, sich verausgabt, satt zufrieden und voller Stolz nach getaner Arbeit in die Kissen sinkt, dann ist das in Ordnung. Da ist es egal, ob ein Dritter wüßte ob er das Werk so herum oder besser doch besser über Kopf aufhängen sollte. Der Künstler muss es ja keinem zeigen. Es reicht wenn er damit zufrieden ist. Das ist dann in Ordnung. Der Künstler hat seinen Spaß gehabt.

Wenn einer in seinem Schloss, dem geerbten, auch alle die geerbten Ahnen, schön aufgemalt, nebeneinander im Salon hängen hat, die er dann den Besuchern zeigen kann, sie also mit stolz geschwellter Brust an der Ahnenreihe entlangführen kann, obwohl nicht alle schön sind und auch nicht alle gut zu erkennen, dann ist das in Ordnung. Der Erbe hat seine Eintrittsgelder und die Besucher ihren Spaß.

Wenn aber bei Christie’s  eine Studie für 142 Millionen Dollar verkauft wird, da kommt man doch ins Zweifeln. Der Maler war nicht fertiggeworden mit dem Bild, die Begeisterten hatten es ihm von der Staffelei gerissen. Man denkt unwillkürlich an den Kreischalarm der Teenies wenn George Kloony über den roten Teppich läuft. Und das Ding wird verkauft. Für einen Rekordpreis. Man mag mich für einen Kunstbanausen halten, aber das geht mir doch zu weit.

Oder bei Sotheby wird ein alter Schinken, der eigentlich nur noch aus Schwarz besteht und die Farbe schon abblättert verhökert. Meistbietend. Auch Millionen Scheine, die dafür über den Tisch gehen. Wenn sie es neu malen würden, frische Farbe, so dass wieder etwas zu erkennen wäre, das würde ich verstehen, aber auch dann wäre der Preis noch zu hoch.

Da fragt man sich welche verrückten Spielchen da gespielt werden. Man hat sich ja auch in frühester Jugend in ein Ketten-Karussell gesetzt, sich ein paar Runden durchdrehen lassen und sich hinterher besser gefühlt.

Nun sehe ich ein, es muss einige Spielchen geben, die auch für die Superreichen attraktiv sind. Kleider für einige tausend Euros einzukaufen reicht wohl ebensowenig aus, wie den halbmillionenenteuren Sportwagen mal Sonntags durch die City zu fahren.

Da müssen es Bilder sein. Die wären aber viel besser in öffentliche Ausstellung aufgehoben, der Bevölkerung zugänglich. Wenigstens diejenigen Bilder sollten da hängen, mit denen einige Leute Freude hätten. So wie sich der Wanderer am Blick vom Brocken ergötzt, der Teutone sich vor dem Herrmansdenkmal fotografieren lässt, so sollte jedem Interessierten die Möglichkeit gegeben werden sich das Bild „Der Schrei“ von E Munch (oder eines davon) in einer Galerie anzusehen.  Das nennt man Kulturerbe.

Der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt wurde von der Deutschen Regierung des Dritten und Tausendjährigen Reiches trotz seines nicht ganz sauberen Arierpasses mit dem Einsammeln und dem Verkauf von sogenannter „entarteter Kunst“, der Kunst jüdischer Künstler und von Kunst im Besitz jüdischer Familien betraut. Nach vorne hin lehnten die Nazis entartete und jüdische Kunst ab, nach hinten verschafften sie sich Geld damit. In manch einer arischen Villa hing dann auch dies oder jenes „entartete“ Werk. Und mancher „Feind des Deutschen Volkes“ erwarb Bilder aus dem Fundus um sie in seinem Landhaus in Connecticut aufzuhängen.

1945 floh Gurlitt mit einer Wagenladung Bilder nach Südwesten, den Amerikanern entgegen. Wahrscheinlich hatte er dort schon gute „kunstverständige“ Freunde.

Er wurde nie für seine Handlangerdienste für die Nazis belangt, sondern 1948 „entnazifiziert“. Einer der Aspekte mag die teil-„jüdische“ Herkunft gewesen sein, ein gewichtiger Grund aber war bestimmt das Wissen über den Verbleib von weiteren Kunstschätzen. Mit Wissen lässt sich bekanntlich sehr viel Geld machen.

Das Jahres-Durchschnittsteinkommen lag 1945 in Deutschland bei 1778 RM. Gurlitt gab ein steuerpflichtiges Jahreseinkommen für 1943 von 178.000 RM an.

Gurlitt wurde von den Gewinnern gehätschelt und verstarb trotzdem 1956 an den Folgen eines Autounfalles. Vielleicht wollte Gurlitt den Verbleib der anderen Bilder lieber für sich behalten.

Die Bilder sind jetzt jedenfalls in München aufgetaucht. Das eine oder andere wird in der Zwischenzeit den Besitzer gewechselt haben um den Lebensstandart der Nachkommen des Hildebrand Gurlitt zu finanzieren.

Nach der Rechtmäßigkeit geltender Gesetze zur Zeit des Erwerbs der Bilder zu fragen ist sinnlos. Versuchen herauszufinden, ob die Bilder rechtmäßiges Eigentum der Erben ist, das ist ebenso unsinnig. Da könnte man auch versuchen zu ergründen, ob die Queen oder Bill Gates oder die Hohenstaufer ihr Eigentum rechtmäßig erworben haben.

Ich halte Folgendes für in Ordnung: Zahlt den Erben eine anständige Abfindung, damit keiner heult über die Unrechtmäßigkeit des Rechtstaates deutscher Nation und stellt die Bilder allesamt öffentlich aus. Mag sie sich ansehen, wer immer es will.

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