Wir glauben an das Gute. Wir glauben daran, nach einem Winter einen Frühling zu haben und einen warmen, aber nicht zu warmen Sommer. Wir glauben daran, dass uns der Finanzberater das genau auf uns zugeschnittene  Aktienpaket verkauft, denn das hat er uns gesagt. Wir glauben dem Autoverkäufer, er ist bestimmt ein guter Mensch, wenn er uns zusichert, das derzeit allerbeste Auto für unseren Gebrauch gekauft zu haben. Und er hat uns noch einige Prozente Rabatt gegeben, weil wir so unglaublich liebe Kunden sind. Wir glauben die schönen gelben Orangen aus dem Supermarkt auch mit Genuss essen können. Wir glauben dem Politiker, der schon irgendwie das Beste vom Machbaren für die Menschen des Landes erwirkt.

Wir glauben so gerne. Und vor allem an das Gute.

An das Gute zu glauben ist ein Vorschuss, den wir den Dingen oder den Menschen entgegenbringen. Oft geben wir diesen Vorschuss, ohne den Kern je prüfen zu können. Oft geben wir den Vorschuss, weil wir den wirklichen Kern gar nicht prüfen wollen. Und allzu oft enttäuscht uns die wahre Natur der Dinge und vor allem der Menschen.

Wenn wir überall das sehen würden, sehen wollten, was es wirklich ist, würden wir nicht lange ohne psychologische Betreuung auskommen. Der Supermarkt verkauft uns Orangen, die von außen so wunderbar fruchtiglich aussehen, aber innen schon verfaulten. Der Autoverkäufer hat uns gerade und überteuert, seinen Ladenhüter angedreht. Der Politiker, der uns, mindestens vor der Wahl, das Paradies verspricht und das nur  für sich erreichen will.

Wir sind ignorant. Und das im höchsten Maße. Natürlich, dieser adlige, sportlich wirkende Herr mit seinen immer pomadig gestyltem Haar, dem immer perfektem Outfit, der immer passenden Rede, das lassen wir uns gerne gefallen, das sehen wir uns gerne an. Und  die taffe Frau Gemahlin, die so mutig den Kriegsherrn begleitet, den Soldaten schon mit ihrem bloßen Anblick Anreiz gibt und Mut.

Zur gleichen Zeit wird verhandelt, ob die Hartz IV betroffenen 5 oder 8 Euro mehr bekommen. Zum Einen redet niemand mehr darüber, dass diese neuerliche Hartz IV Reform eine Verschlechterung für die Empfänger überhaupt bedeutet und zum Zweiten der Unterschied zwischen 5 und 8 Euro genau drei Euro ist. Auf den Monat sind das 10 Euro-Cent pro Tag. Die Teuerungsrate bei Kartoffeln/Reis/Nudeln übertrifft inzwischen die Verhandlungsmasse. Und hat mal jemand von den „Normalverdienern“ (gibt es sowas noch?) versucht mit dem Hartz IV-Satz auszukommen?

Wenn der adlige Herr da eine nicht ganz saubere Doktorarbeit abgeliefert hat, wenn wundert’s ? Vielleicht hat er sie schreiben lassen. Das ist ja nicht unüblich. Und er hat den Schreiberling nicht ordentlich bezahlt? Lug und Betrug, wenn wir ehrlich sind, ist doch inzwischen eine Eingangsvoraussetzung, um in diesem Land Politiker werden zu können.  In der Regel aber, des Anstandes wegen, wird dieser Umstand überdeckt. Alle halten ihre Mäntelchen drüber. Sonst könnte auch der deutsche Michel nicht mehr seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen: An das Gute glauben.

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